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Autor: geheimesdeutschland
Neukölln Rixdorf | Illegaler Müll bleibt ein Problem
Eva Maria Foth | 25.03.19 | Fotobericht

Foto: Eva Foth — In der Niemetzstrasse entsorgter Sperrmüll am Strassenrand
Leicht resigniert wirken schon fast alle Beteiligten, berichten sie über das Thema illegaler Müll im Rixdorfer Kiez. Denn die illegale Entsorgung bleibt ein Dauerthema.
Immer wieder wird dem Ordnungsamt illegal in der Stadt entsorgter Müll gemeldet. Gerne an Plätzen, die mit dem Auto bequem zu erreichen sind. Im Mittelbuschweg, einer der 15 Hotspots für illegale Müllablagerungen, stapelte sich diese Woche mal wieder der Unrat.
Illegale Müllablagerungen gibt es viele im Bezirk. Sie verschandeln nicht nur das ästhetische Erscheinungsbild des Kiezes. Weggeworfene und nicht mehr benötigte Gegenstände verursachen auch vielerlei andere, meist schwerwiegendere Probleme. Eine unmittelbare Gefährdung von Mensch und Tier durch hygienische Beeinträchtigungen und Verletzungsgefahr, wie etwa durch Glasscherben.
Müll verunreinigt Böden und Gewässer. Müll zieht Ungeziefer und Ratten an. Müll zieht Müll an. Das Problem ist hinreichend bekannt. Viele Neuköllner stören sich schon lange an den illegalen Müllkippen. An der Situation hat sich die vergangenen Jahre allerdings nicht viel verbessert. Müll ist neben Kriminalität und Armut eines der Hauptprobleme im 330.000-Einwohner-Bezirk geblieben. Eine Bestandsaufnahme .

Die Berliner Stadtreinigung (BSR) hat im Jahr 2017 rund 4,8 Millionen Euro für die Räumung und Entsorgung von illegalem Sperrmüll bezahlt. Insgesamt 31.100 Kubikmeter Müll wurden dabei eingesammelt. Das geht aus einer parlamentarischen Anfrage des SPD-Abgeordneten Joschka Langenbrinck hervor. Wie die Senatsverwaltung für Wirtschaft und Betriebe weiterschreibt, wurden illegale Müllablagerungen “überwiegend in Neukölln und teilweise in Tempelhof-Schöneberg” eingesammelt.

Foto: Eva Foth — von Hausrat über Lebensmittelreste bis hin zu Bausschutt. Alles findet sich auf den Müllbergen in den Rixdorfer Strassen wieder.

Foto: Eva Foth — Auch Sondermüll gehört zu den illegalen Müllablagerungen
Das Neuköllner Drei- Säulen Modell: Reagieren, Vorbeugen, Sanktionieren
Die Vorgehensweise des Bezirksamts gegen die Vermüllung Neuköllns sieht eine klare Rollenverteilung vor. Das Ordnungsamt meldet, die BSR entsorgt. Das Ordnungsamt ist für die Meldung illegal gelagerten Mülls bei der BSR zuständig, die Stadtreinigung ist dann mit der Entsorgung beauftragt. Im November 2015 wurde das Anliegen-Management (AMS) beim „Ordnungsamt Online“ ins Leben gerufen. Seit Juli 2016 mit dazugehöriger App. Mit einem Foto und einer Beschreibung können Bürger illegale Müllhaufen ganz unbürokratisch beim Ordnungsamt melden. Dieses benachrichtigt dann die BSR. Mittlerweile kommen rund 40% aller Meldungen über die App.
Zeitgleich startete das Bezirksamt Neukölln 2016 die Aktion ANTI-MÜLL Neukölln, um der anhaltenden Vermüllung im Bezirk – vor allem durch illegal abgelagerten Sperrmüll auf Neuköllns Straßen – entgegenzuwirken.

Foto: Eva Foth — Bezirk stellt Verbotsschilder im Kampf gegen illegale Sperrmüllablagerungen auf. Hier im Mittelbuschweg in Neukölln Rixdorf.
15 Hotspots
Eine Auswertung des Ordnungsamtes vor zwei Jahren ergab 15 Hotspots, die am stärksten von den illegalen Müllablagerungen betroffen sind. Am Mittelbuschweg ist das Problem besonders hartnäckig. Sobald die BSR den gerade erst am Strassenrand abgestellten Müll entsorgt hat, ist alles auch schon wieder da.
Im Rahmen der „Aktion Müll“ kontrollierten die Außendienstmitarbeiter des Ordnungsamts die ersten fünf Hotspots mehrfach täglich durch Abfahren und alle zwei Tage durch Ablaufen. Die übrigen zehn Brennpunkte, mindestens einmal pro Woche. Illegale Müllablagerung wurden aufgenommen und dokumentiert.
Mitarbeiter des Ordnungsamtes dürfen aus arbeitsschutzrechtlichen Gründen nur zwischen 6 und 22 Uhr arbeiten und müssen in Dienstkleidung auftreten. Da die Straftaten vor allem nachts begangen werden, zeigte der Erstentwurf wenig Erfolg beim Aufspüren der Müllsünder. Noch unter der ehemaligen Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) kam man dann auf die Idee mit den externen Müllsheriffs.
Die Möglichkeit, beim illegalen Müllabladen erwischt zu werden, muss eine reale Bedrohung darstellen.
Laut Pressemitteilung der Stadt Berlin werden auch 2018 wieder Einsatzkräfte eines privaten Sicherheitsdienstes gezielt gegen die Verursacher illegaler Sperrmüllablagerungen im Bezirk vorgehen. Im Mai 2017, in Zusammenarbeit mit einer Sicherheitsfirma als Pilotprojekt gestartet, hatte der Einsatz der Müll-Sheriffs im Verlauf des Jahres dazu geführt, dass die Bußgeldeinnahmen in diesem Bereich sich vervielfacht haben.
So konnten 2017 mithilfe der als Müll-Sheriff bekannt gewordenen externen Einsatzkräfte bislang 6.800 Euro aufgrund illegaler Müllentsorgung an Bußgeldern verhängt werden – drei Fälle befinden sich noch im Einspruchsverfahren. 2016 waren es 1.080 Euro.
Einsatzorte der Müll-Sheriffs sind belastete Neuköllner Standorte für Müllablagerungen im Bezirk, aber auch Orte, an denen es vermehrt Anwohnerbeschwerden gibt. „Wir haben die Möglichkeit, Einsatzzeiten und -orte flexibel bestimmen zu können und so auf akute Problemlagen einzugehen“, sagt die ehemalige Bezirksbürgermeisterin und Ordnungsdezernentin Dr. Franziska Giffey. Zwei Jahre lang hatte Giffey sich das Thema Müll- Bekämpfung in Neukölln zur Chefsache gemacht hat. Ziel sei es, das Entdeckungsrisiko für Menschen zu erhöhen, die ohne Rücksicht auf die Umwelt und die Nachbarschaft ihren Müll im Straßenland entsorgen.
Sperrmüll selbst entsorgen: Anlieferung zu den BSR Höfen |
Wer seinen Sperrmüll selbst entsorgen möchte, kann bis zu 3 Kubikmeterentgeltfrei zu einem der 15 Recyclinghöfe der BSR bringen. Ebenso wird der Sperrmüll in der Mechanischen Behandlungsanlage Gradestraße in Berlin-Neukölln entgegengenommen. |
Pilotprojekt Forst- und Parkreinigung der BSR
Seit zwei Jahren sind die Mitarbeiter der BSR dafür zuständig, auch ausgewählte städtische Parks und Spielplätze sauber zu halten. Dieses Pilotprojekt umfasste ursprünglich zwölf Parks und das Forstgebiet Teufelssee in Köpenick, wie auf der Seite der Stadtreinigung mitgeteilt wurde. Am 1. Juni 2018 wurde das Projekt auf weitere 34 Flächen ausgedehnt – der Richardplatz und der Park am Wildenbruchplatz in Rixdorf gehören auch dazu. Wie die BSR mitteilte, wurden seitdem bereits 1250 Kubikmeter Müll auf den neuen Flächen gesammelt.

Foto: Eva Foth — Die mittlerweile sauberen Parkanlagen am Wildenbruchplatz — Dank Pilotprojekt der BSR
Die BSR begleitet das Pilotprojekt auch mit Umfragen. Die Zufriedenheitswerte in den Parks der ersten Pilotphase lagen 2017 demnach stabil bei 80 bis 90 Prozent. Die Befragung zum zweiten Pilotprojekt zeigt ebenfalls einen positiven Trend: Die Zufriedenheit mit der Sauberkeit ist demnach in Parks von 48 auf 82 Prozent gestiegen, bei den Spielplätzen von 41 auf 75 Prozent und bei den wohnungsnahen Flächen von 43 auf 77 Prozent.
Sauberkeitskampagne „Schön wie wir“-Appell an Engagement und Eigenverantwortung der Bürger
Seit zwei Jahren agiert nun auch das Projekt “Schön wie wir – für ein lebenswertes Neukölln” eine lokale Bewegung für Nachhaltigkeit im Bezirk. Ziel dieser Bewegung ist es, zusammen mit Anwohnern, Vereinen und Unternehmen den Kiez aufzuräumen, lebenswerter zu machen und das Bewusstsein für Nachhaltigkeit in Neukölln zu stärken.
„Die Maßnahmen seitens der Stadt, um den Müllbergen im Kiez Herr zu werden, wurden in den letzten Jahren stark verbessert“, sagt Matthias Lau, der selbst seit Jahren in Rixdorf lebt. „Unser Kiez kann letztendlich nur dann wieder sauberer werden, wenn sich auch das Bewusstsein aller Anwohner zu diesem Thema verändert.“
Weiterführende Informationen zu dem Thema: |
www.berlin.de/ordnungsamt-online/mobile-app/ |
www.bsr.de |
www.schoen-wie-wir.de |
Solar Walk | Chaos und Ordnung
Eva Maria Foth | 24.03.19 | Filmrezension
Der preisgekrönte Kurzfilm Solar Walk von Réka Busci ist ein couragiertes Experiment, auf der Suche nach unseren Ursprüngen. Eine verspielte, geistreiche Exkursion durch den Weltenraum, mit ergreifenden Bildern und überwältigender Klangkulisse.

Die in Budapest lebende, ungarische Regisseurin Réka Bucsi, ist eine der zurzeit vielversprechendsten Akteurinnen unter den Trickfilmzeichnern. Einige ihrer Arbeiten erhielten weltweite Anerkennung und wurden für zahlreiche Preise, unter anderem für den Oscar, nominiert. Mit Solar Walk, der auf der 68. Berlinale 2018 seine Weltpremiere feierte, hat Bucsi einen weiteren preisgekrönten Animationsfilm gedreht, der nahtlos an den Erfolg ihrer früheren Produktionen anknüpft. Der Film ist nur für eine begrenzte Zeit online abrufbar.
EINE REISE DURCH RAUM UND ZEIT
Form und Mechanik bestimmen die Struktur des Films. Fantastische Tiergestalten und menschliche Geschöpfe sind die Protagonisten. Den Gesetzen der Stimulation folgend, durchleben sie sagenhafte Transformationen, entdecken neue Welten. Eine Kreatur, die sich durch das urinieren eines Universums „erleichtert“, zwei Wesen die Freude daran finden, in das unendliche Schwarze des neuen Alls einzutauchen. Auf der Suche nach Abenteuer und ungestilltem Wissensdrang. Der Weltenraum als Reflektionsort für das eigene Handeln und die Frage nach der Wahrnehmung.
Solar Walk ist eine dänische Produktion und entstand im Rahmen eines Animations-Workshops. Das dänische Jazz Orchester Aarhus bat Réka Bucsi darum, einen 47 Minuten langen Film zu einem bestehenden Musikstück zu machen, den das Orchester danach Live aufführen würde. Das Musikstück umfasst Arbeiten des dänischen Komponisten Niels Marthinsen.
Bewusst verzichtet Bucsi auf Dialoge in ihrem Film. Als erstes sehen die Figuren nicht so aus, als ob sie was zu sagen hätten, desweiteren wäre es einfach zu viel, zu all dem was sie eh schon tun. Worte sind hier überflüssig.
Die freundliche Charakterisierung der Kreaturen, unterstützt den Zuschauer dabei, sich in die kreierte Welt einzufinden und verhindert, dass er die Identifikation mit einer der Protagonisten sucht. Bucsi gibt ihren Charakteren Zeit zur Weiterentwicklung und um zu lernen.
Der Film verfolgt ein gemächliches, aber beharrlichen Tempo, in dem man noch nicht weiß oder es so scheint, als ob man noch nicht weiß, wo die Reise hingeht.
Der Zuschauer kann sehen, was die Figuren machen, aber nicht wohin die Handlung konkret führt.
ZUSAMMENARBEIT AUF AUGENHÖHE
Bucsi und ihr siebenköpfiges Team arbeiteten etwa sieben Monate an dem Projekt. Drei andere Animatoren arbeiteten an dem Projekt und andere stellten sich für die 3D- und Compositing-Effekte ein.

ZUR PERSON
Réka Bucsi wurde 1988 in Filderstadt, Deutschland geboren. 2008 bis 2013 studierte sie Animation an der Moholy- Nagy Universität in Budapest. 2013 Teilnahme bei ANIMATION SANS FRONTIERES ( ASF ) in Viborg, DK
FILMOGRAFIE ( Kurzfilme )
2009 „Mime Appetit“ I 2010 „Relish“ I 2012 „Ron“ I 2013 „Symphony no.42“ BERLINALE SHORTS» 2015 „LOVE“ I 2016 „Dont Know Where Going“ I 2018 „Solar Walk“
Bucsi´s experimentelle, surreale Handschrift, bezieht sich oft auf Natur und Tiere als Subjekt, mit Arbeiten, die das Potenzial haben, komplexe Botschaften durch unterschiedliche und reizvolle Bilder zu vermitteln. Geschichte und Zeichnung stehen bei ihr im Zusammenhang. Animation bietet dafür die perfekte Mischung.
Die Visualisierungen des Films hinterlässt einen bleibenden, tiefen Eindruck beim Betrachter. Man kann die Magie der frühen Animation wiederentdecken, voll Erstaunen für die Vorstellungskraft der Regisseurin.
DAS SCHÖNE ALS GRATWANDERUNG ZWISCHEN CHAOS UND ORDNUNG
Chaos bedeutet Unordnung und Verwirrung. Es bedeutet, dass alles offen und alles möglich ist und zwingt den Betrachter vom streng linearen und kausalen Weltbild abzugehen. Es gibt keine Einschränkung und der Fantasie und Kreativität sind keine Grenzen gesetzt. Hier kann Innovation und Neuerung entstehen.
Solar Walk ist genau diese Gratwanderung zwischen Chaos und Ordnung. Es ist der gelungene Versuch, das Unterbewusste so zum Ausdruck zu bringen, dass sich der Zuschauer damit identifizieren kann. Das es verständlich und fassbar wird, eine gefühlte Ordnung erhält.
Bucsi und ihr Team haben einen surrealistischen Makrokosmos von bemerkenswerter Kraft erschaffen, der eine außergewöhnliche und einzigartige Reaktion beim Betrachter hervorruft.
Damit haben sie das erreicht, was man erreichen kann.
Man darf gespannt sein, was als Nächstes von dem Ausnahmetalent und ihrem Schaffenskreis zu erwarten sein wird.
SOLAR WALK
Directed by Réka Bucsi
Denmark | 21 min | 2017 | no dialogue
CREDITS
Director: Réka Bucsi
Screenwriter: Réka Bucsi
Animation: Nicole Stafford, Jason Reicher, Cyrille Chauvin, Pernille Kjaer
Music: Mads Vadsholt
Producer: Morten Thorning
DER KOMPLETTE FILM “SOLAR WALK” AUF ARTE.TV
VIMEO CHANNEL VON RÉKA BUCSI
https://www.vimeo.com/rekabucsi